Vom Titicacasee ins Amazonasbecken
Vom Titicacasee ins Amazonasbecken

Vom Titicacasee ins Amazonasbecken

Von einem der größten Seen in Südamerika, vorbei an der höchstgelegenen Verwaltungshauptstadt der Welt, bis hinunter ins Amazonasbecken. Unsere ersten Tage in Bolivien könnten abwechslungsreicher und spannender nicht sein. Das Land begeistert!

Der kleine gemütliche Grenzübergang von Peru nach Bolivien den wir überqueren, ist in der Nähe der bolivianischen Stadt Copacabana. Die Stadt liegt ganz malerisch am Ufer des Titicacasees auf einer Halbinsel, die interessanterweise nur mit dem peruanischen Festland verbunden ist. Doch die Bolivianer besuchen das kleine Städtchen auch sehr gerne am Wochenende und nehmen dann einfach die Fähre. Auf 3.800 Metern Höhe finden wir hier ein angenehmes Klima. Tagsüber knallt die Sonne mit großer Kraft und erwärmt alles bis zum T-Shirt Wetter. Sobald sie aber untergeht, werden die Temperaturen daunenjackenwert. Auf dem Campingplatz bauen wir uns aus unseren Regenponchos einen Sonnenschutz und Daky und Daffy müssen den ganzen Tag still stehen und uns beim Lesen, Kochen und Essen zuschauen. Campingidylle am Titicacasee!

Der Regenponcho hängt am Paddel, gehalten von Daffy
Frühstück genießen wir am Ufer
Copacobana am Titicacasee

Die Fahrt in Richtung bolivianisches Festland ist traumhaft schön. Eine lange Zeit genießen wir die weiten Ausblicke auf den Titicacasee, der übrigens 15,5 mal größer ist als der Bodensee! Eine neue, leere, wunderschöne Straße schlängelt sich auf der Halbinsel entlang des Wassers. Na denken wir, wenn in Bolivien alle Straßen diese Qualität haben, dann wird es ja einfach für uns…. Haben wir gedacht!

Plötzlich endet die Straße in einem kleinen Dorf und wir erspähen die Fähren. Schlagartig fallen uns so manche abenteuerliche Fährfahrten ein, die wir alle bisher überlebt haben – also wird uns wohl auch jetzt nicht der Untergang erwarten. Wir teilen die Fähre mit 2 LKW´s und ein paar Fußgängern und mit wenig Seegang und leichtem Motorhusten kommen wir sicher auf die andere Seite. Das Befahren über die losen Planken und auf der anderen Seite das rückwärts wieder Runterschieben, ist dabei wohl der wackeligste Teil der Reise.

Super Straße auf der Halbinsel
Die Fähre wartet auf uns
Hinter den LKWs war noch etwas Platz für uns

La Paz ist nicht sehr weit und wir spüren eine kleine Aufregung als der Verkehr langsam dichter wird. Und dann geht alles ganz schnell: Plötzlich kommen wir an eine Kreuzung wo wirklich alle Fahrzeuge gleichzeitig in die Kreuzungsmitte einfahren. Ob es eine Ampel gab oder nicht, können wir irgendwie nicht bestätigen. Wir versuchen einfach mitzuschwimmen, verlieren uns aus den Augen, kommunizieren weiter über unsere Gegensprechanlage: „Ich bin hier ganz links neben der Mittelbegrenzung, hier geht es“ „Shit, ich hänge gerade mit meinem Koffer an einem Kleinbus fest“ „Wichtig ist, einfach die Fahrer nicht anschauen“ „Geht meine Hupe noch, ich höre irgendwie nix mehr“ !!!

Was soll ich sagen: wir haben erstaunlicherweise Spaß an der Situation und finden auch ziemlich schnell einen Weg aus dem Großstadtgewühl wieder raus. Wie erholsam es sich anfühlt, danach über eine eigentlich gesperrte, leere Straße in die Einsamkeit der Berge zu fahren kann sicherlich jeder bestätigen, der schon mal in einem solchen Verkehrschaos feststeckte. Die Passhöhe „La Cumbre“ ist 4670 Meter hoch. Alles ist karg, ruhig, lebensfeindlich und leer. Puh! Ruhe nach dem Sturm von La Paz!

Direkt hinter La Paz fühlt es sich an wie auf dem Mond
Durch die Wolken blicken wir in die Tiefe – sehr tief!

Und dann geht es bergab! So richtig bergab! Innerhalb von 63 Kilometern überwinden wir etwa 3.500 Höhenmeter nach unten. Die Temperaturen werden deutlich wärmer, wir öffnen wieder alle Reißverschlüsse an der Motorradkleidung und erfreuen uns an der immer grüner werdenden Natur. Ich liebe tropischen Regenwald – und plötzlich sind wir wieder mittendrin. Einfach unglaublich, wie schnell der Wechsel hier ist. Wir fahren aus den Wolken raus, winden uns immer weiter nach unten und wir sind im Regenwald!

Unser Ziel ist Rurrenabaque. Hier starten viele Touren in das Amazonasgebiet – und auch wir wollen eine mitmachen. Die letzten 329 km fahren wir an einem Tag, was eine reine Fahrzeit von fast 6 Stunden bedeutet. (ohne Pausen gerechnet) Und das ist wirklich ziemlich anstrengend, da die Hälfte des Weges unbefestigt ist. Manchmal müssen wir sogar während der Fahrt stoppen, da wir aufgrund von aufgewirbeltem Staub nix mehr sehen können oder aber einem LKW die Vorfahrt gewähren wenn es eng wird (wir sind ja freundliche Motorradfahrer :-)).

Wie immer wenn es anstrengend wird, unterbrechen wir die Fahrt mit kleinen Pausen. Hier finden wir die leckersten Tamales, (Maisteig im Blatt gegart) die wir bisher hatten und ich muß wirklich lachen, als ich Roberts staubgraues Gesicht sehe. Als wir auf die Toilette gehen, kommt das nächste Schmunzeln auf mein Gesicht. Viele Einheimische sprechen als erste Sprache hier ihre indigene Sprache und so sind Schreibfehler bei spanischen Worten nicht selten. Das „B“ und das „V“ zu vertauschen passiert leicht, da sie fast gleich ausgesprochen werden. „Barones“ ist ein Wort, welches hier für Männer benutzt wird und so erahnen wir das mit „Varones“ wohl das Männerklo bezeichnet wird. Die kleinen Duschvorhänge als „Türersatz“ hängen auf etwa 1,60 Meter Höhe und wie so oft wird das Wasser aus der Regentonne zum Spülen genutzt. So geht Klo im Regenwald von Bolivien….

Wir erreichen den Regenwald innerhalb von wenigen Kilometern

Manchmal wird es eng….
oder staubig
Robert mit Staubgesicht genießt Tamales
Herrentoiletten

Als wir in Rurrenabaque ankommen, finden wir das Hostel „El Curichal“, ein beliebter Treffpunkt von Rucksackreisenden. Im Hostel sind etwa 45 bis 50 Deutsche, Franzosen, Engländer, Israelis und Holländer und entsprechend fröhlich und lebhaft ist es hier. Also wir unsere Tour in das Amazonasgebiet über das Hostel direkt buchen, stellen wir fest, dass wir mit einem netten Paar aus Holland zusammen in einer Gruppe sind und so machen wir uns am Montagmorgen zu viert auf, um für zwei Nächte in einer Lodge im „Nirgendwo“ zu übernachten.

Eine drei-stündige Fahrt mit dem Auto bringt uns in eine wirklich abgelegene Ecke des Landes. Auf der Karte sehen wir nur noch Wasserläufe, Lagunen und grüne unbewohnte Gebiete. Die letzten Kilometer zur Lodge mit dem schönen Namen „Las Tortugas“ (Die Schildkröten) schippert unser Guide Billy uns mit einem Einbaum. Wir kommen an, beziehen die wunderschöne Hütte und lauschen den Geräuschen des Urwaldes. Nichts auf der Welt ist für mich schöner, als diese wilde Natur – auch wenn wir uns hier mit den Millionen von Moskitos arrangieren müssen.  

Wir erreichen unsere Lodge „Las Tortugas“ mit dem Boot

Unsere tolle Hütte für zwei Nächte

Die nächsten drei Tage verbringen wir hauptsächlich im Boot. Wir beobachten die riesige Anzahl von Krokodilen, Schildkröten, Wasserschweinen, Affen und Vögeln am Ufer, wir durchstreifen ein Sumpfgebiet auf der Suche nach Anakondas (leider finden wir nur eine tote Babyanakonda), wir angeln Piranhas und laufen in der Dunkelheit durch das Dickicht hinter dem Camp. Die Erlebnisse zu beschreiben fällt mir schwer, da wir so unglaublich vieles sehen. Eine riesige Gruppe von blauen Aras fliegt über unseren Köpfen entlang und krächzt in voller Lautstärke. Ein Tigerreiher erwürgt gerade eine kleine Anakonda als wir vorbeischippern. Die jungen Wasserschweine beobachten unser Boot aber bleiben einfach am Ufer stehen. Ein Krokodil am Abend fühlt sich wohl gestört und unternimmt einen Scheinangriff gegen uns. Als wir auf unsere Nachttour aufbrechen, glimmen unzählige Augen uns aus dem Wasser entgegen. Durch unser Taschenlampenlicht strahlen die Krokodilsaugen uns rot an, als wir auf dem Rio Yacuma ohne Motor entlanggleiten. Unbeschreiblich schön!

Mit dem Einbaum schippern wir über den Rio Yacuma
Nach dem Regen leeren die Jungs das Boot
Schildkröten gibt es hier reichlich

Kaimane noch viel mehr
Bei den ganz großen Krokos macht auch unser Guide noch Bilder

Ich mag Portraits

Capybaras oder Wasserschweine sind die größten Nagetiere der Welt (hier mit Vogel auf dem Rücken)
Sie gehören zur Familie der Meerschweinchen und werden bis zu 60 cm hoch

Wir sehen viele am Ufer grasen

Das Krokodil überlegt – aber das ausgewachsene Wasserschwein ist doch zu groß als Beute
Schwarze Brüllaffen (die Männchen sind schwarz, die Weibchen hell) hören wir mehr als das wir sie sehen – leider auch eine bedrohte Tierart

Totenkopfäffchen sind super schnell (daher nicht ganz scharf)

Cocoireiher

Der lustige Vogel wird Hoatzine genannt und macht fauchende Geräusche

Der Reiher wartet auf den Tod der Schlange (eine Babyanakonda)
Die großen Aras sehen wir viel fliegend und hören ihr Krächzen
Kormorane
Die Viper sucht direkt über uns in den Nestern nach Eiern
Im Sumpfgebiet suchen wir im Regen nach Ankondas
Robert findet einen Aligatorkopf
Ich beobachte die riesigen Jaribu beim Balzen
Der Jaribu wird bis zu 1,40 Meter groß und die Spannweite sind etwa 2,60 Meter
Der Rosalöffler mit seinen fast 1 Metern ist dagegen klein – aber wunderschön rosa!

Einen weiteren Bootsausflug erleben wir auf einer riesigen Lagune, der Laguna Brava – bis zum Sonnenuntergang! Die Einheimischen sitzen auf dem Steg, haben große Flaschen mit klarer Flüssigkeit neben sich, kauen unzählige Kokablätter und angeln ebenfalls. Die Beute ist nicht sehr zahlreich, aber die Stimmung gut 😊 Auch wir konnten auf der Lagune nur das Fleisch baden und kommen ohne Fische zurück in unser Camp. Am nächsten Morgen im Fluss sind wir erfolgreicher und bringen immerhin 7 Piranhas zum Mittag mit! (okay, die sind echt nicht groß)

Es ist für uns irgendwie unvorstellbar, wie es sich wohl anfühlt hier zu leben. Die nächste Stadt ist 3 Stunden mit dem Auto entfernt – und außer unglaublich schöner, wilder Natur gibt es hier nix! Als Besucher ein Paradies…. Und wir dürfen es erleben!

Robert hilft beim Boot kar machen
Wunderschöne Laguna Brava
Auch die Einheimischen angeln
Robert im Anglerglück
Piranhas sind nicht groß, aber haben scharfe Zähne

Die Rückfahrt auf der inzwischen matschigen Piste wird auch noch zu einem kleinen Abenteuer. Unser Taxifahrer muß ein anderes Auto aus dem tiefen Matsch herausfahren, damit wir weiter kommen. Und unterwegs halten wir zweimal an, da wir Faultiere erspäht haben. Eines klettert gerade gemütlich von seinem Baum herunter und das andere überquert tatsächlich vor uns die Piste. Ein seltener Anblick! So aktive Faultiere haben wir noch nie gesehen und wieder faszinieren uns diese ungewönlichen Tiere, die ihre Langsamkeit als Tarnung gewählt haben. Ich liebe das Konzept!

Unsere Rückfahrt im Taxi (hier fahren alle ohne Nummernschild)
Mit Faultieren zum Abschied

ride2seetheworld

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