Silber, Salz und Sonne
Silber, Salz und Sonne

Silber, Salz und Sonne

In den letzten Tagen waren wir in Sucre und in Potosi. Zwei interessante Städte in Bolivien, die wir aber nur sehr wenig erkundet haben. Bei uns beiden war der Gesundheitszustand nicht so goldig und so sind wir lieber im Bett, bzw. in der Nähe der Toilette geblieben und haben nur kurze Spaziergänge durch die Stadt gemacht.

In Potosi schlendern wir entlang der vielen netten kleinen Geschäfte, die alles anbieten, um Pachamama zu besänftigen und/ oder wieder gesund zu werden. Hier könnten wir Räucherwerk, Kräuter, Figuren, Tinkturen oder tote Lamas kaufen. Wir überlegen nur kurz, uns in die Hände der hier ansässigen Heilerinnen zu begeben. Wir wissen wohl: Die Pachamama ist die Mutter Erde und wer im Leben nicht scheitern will, sollte sich mit ihr gut stellen. Dafür werden regelmäßig Rituale durchgeführt und Opfer an Pachamama erbracht. Es erstaunt uns wirklich, was wir hier alles kaufen könnten. Überall fallen uns besonders die Lamaföten oder auch junge toten Lamas auf, die gerne im Eingang des Geschäftes drapiert werden. Sie werden von den Einheimischen regelmäßig gekauft, um sie als Opfergabe zu verbrennen oder aber bei jedem Hausbau ins Fundament gelegt. Vielleicht hätte uns das auch schneller gesund gemacht – wir folgen dieser Tradition jedoch nicht und kaufen kein totes Lamababy.

Gladis verkauft alles für Pachamama und die Gesundheit, auch tote Lamas

Der Monte Rico überragt Potosi – dort gibt es viel Bergbau
Wir erkunden die Stadt in kurzen Spaziergängen

Die Straße zwischen Potosi und Uyuni gehört landschaftlich so ziemlich zu dem Schönsten seit Monaten. Da meine Stimme extrem angeschlagen ist und mir das Reden seit Tagen schwerfällt, fahren wir schweigend staunend durch diese wunderschöne Andenlandschaft. Die Szenerie wechselt schnell und wir genießen die Kurven auf sehr guten Asphalt durch Felsen und Schluchten oder entlang der Hochebene voller Lamas, Vicunas und Alpakas. Später erfahren wir, dass dieses Vergnügen keine 10 Jahre alt ist. Noch vor gar nicht so langer Zeit konnte man nur auf unbefestigten Wegen nach Uyuni gelangen. Danke Bolivien für diese wunderschöne neue Straße!

Traumstraße zwischen Potosi und Uyuni
Lamawarnschilder stehen hier aus gutem Grund
Die Tiere laufen überall frei

Spannende Gesteinsformen und – farben

Daky und Dafffy vor Sand
Kakteen und wenige Kilometer weiter grüne Täler

Wir kommen nach 200 km Fahrt in Uyuni an – und sind ganz aufgeregt! Uyuni ist bekannt bei Südamerikareisenden, weil das kleine Städtchen neben der größten Salzfläche der Welt liegt. Auf einer Fläche von über 10.500 km² glitzert das Salz wie Schnee in der Sonne. Vor über 10.000 Jahren war hier Wasser, und durch das Austrocknen ist diese riesige Salzfläche entstanden, auf der man über 140 km fahren kann um ans andere Ende zu gelangen. Bereits von weitem können wir dieses unglaubliche Weiß am Horizont erspähen. Der Salar de Uyuni!

Auch wir würden gern mit Daky und Daffy den Salar befahren, aber sind leider schon ziemlich spät im Jahr und dann wird die Salzfläche durch Wasser bedeckt. Das ist nicht nur extrem für die Korrosion an jedem Fahrzeug – das ist auch nicht ganz ungefährlich, da die Salzschicht dann nicht durchgängig stabil ist. Es sind schon Reisende auf den Salar gefahren und nicht mehr zurückgekehrt….

Von Dino, unserem Schweizer Freund mit dem wir unter anderem durch die Wüste Gobi in der Mongolei gefahren waren, haben wir eine super Adresse vor Ort bekommen. Robin aus London lebt seit vielen Jahren hier und hat eine Motorradwerkstatt, Verleih und führt Touren mit dem Motorrad. Bei ihm klingeln wir am Sonntag am Hoftor und fragen nach, ob er uns Tipps geben könnte ob und wo wir den Salar befahren können. Spontan entscheiden wir uns für den nächsten Tag eine Tour mit ihm zu buchen und erleben einen außergewöhnlichen Tag voller Geschichten, Erlebnisse und Einblicke.

Wir treffen uns morgens um 9.30 Uhr und fahren bei schönstem Sonnenschein auf drei Motorrädern los. Unser erstes Ziel ist die alte Minenstadt Pulacayo, die auf 4.103 Metern Höhe etwa 20 km von Uyuni entfernt liegt.

Was für ein besonderes Erlebnis! Durch die Erzählungen von Robin wird die Geschichte lebendig. Wir schlendern durch ein Dorf, welches eher wie eine Geisterstadt wirkt. Zwischen diesen Bergen gab es die zweitgrößte Silbermine der Welt! Sie wurde 1833 gegründet und zu ihrer Blütezeit lebten hier 20.000 Einwohner und etwa 7.000 davon arbeiteten Untertage, um Silber aus dem Berg zu holen. Heute gibt es hier nur noch wenige Menschen und der Abbau von Silber begrenzt sich auf eine ganz geringe Menge. Eine große Halle wird zum Bau von Loren und Kränen benutzt, die in anderen Minen im Land eingesetzt werden. Wie die Loren durch die kürzlich entstandenen tiefe Schlucht auf die andere Seite des Dorfes zur Straße gebracht werden bleibt für uns ein Rätsel. Wie so oft in Bolivien ist die Infrastruktur herausfordernd.

Durch Pulacayo geht ein tiefer Riss in der Erde
Das alte Minendorf wirkt verlassen
Robin zeigt uns die Produktionsstätte der Loren und den Eingang zum Bergbau

Wir bestaunen die wunderschönen alten Lokomotiven, sehen die alten Gebäude und spüren überall die harte Realität des Minenabbaus. Die alten Züge in Pulacayo fahren nicht mehr – aber wurden als erste Eisenbahn Boliviens um 1870 benutzt um die riesigen Mengen Silber zur Küste 600 km weit nach Antofagaste (heute in Chile) zu transportieren.

Robin kennt unglaublich viele Geschichten und so sitzen wir in den klapperigen Holzwaggons, lauschen seinen Erzählungen und erleben ein Stück altes Bolivien hautnah. Als kleine Erinnerung gibt mir Robin ein Stück Gestein in die Hand, welches nur so glitzert und funkelt vor Silber. Wunderschön anzusehen und so speziell. Wer hat schon ein Gesteinsstück voller Silber aus einer bolivianischen Silbermine?

Pulacayo mit seinen alten Lokomotiven
Einige wenige Bewohner leben noch hier

Den „Cementerio de los trenes“ (Eisenbahnfriedhof) in Uyuni schauen wir uns danach an und es wird uns bewusst, dass die alte Funktion von Uyuni eigentlich so etwas wie ein Schienenkreuz für Züge aus dem Bergbau war. Heute dienen die alten, ausgemusterten Eisenriesen als Touristenattraktion und werden beklettert und leider auch beschmiert. Sie rosten hier in der salzhaltigen Luft am Rande der Salzebene still vor sich hin und sind absolut beeindruckende Zeugnisse der Geschichte Boliviens.

In Uyuni klettern wir auf die alten Loks

Nach einem leckeren Mittagessen ist es dann soweit! Endlich! Wir fahren an den Rand des Salar. Halten noch mal an einem der vielen Souvenirstände und Robin erklärt uns den Salzabbau – und das Geschäft mit den Souvenirs, was so viel einfacher und ertragreicher ist als das Geschäft mit dem Salz. Und dann setzen wir uns wieder auf unsere Motorräder und fahren auf die Salzfläche.

Der Einstieg lässt uns etwas den Atem stocken, denn teilweise steht das Wasser fast kniehoch auf dem Salar. Robin schlängelt sein Motorrad entlang der riesigen Pfützen und wir immer hinterher. Versuch mal auf einem Schweizer Käse die Löcher zu umfahren! Und dann ist es plötzlich soweit! Es ist plötzlich trocken! Wir fahren über eine riesige, unglaublich weiße unendliche Fläche Salz. Gas aufdrehen und einfach fahren – ohne Hindernisse und ohne Begrenzungen. So fühlt sich Freiheit an! Wir befahren den Salar de Uyuni mit Daffy und Daky! Mir kommen tatsächlich Tränen und ich kann meine Rührung schwer kontrollieren. Dieser Ort ist einfach so unbegreiflich, so unwirklich, so einmalig auf der Welt und wir dürfen ihn erleben!

Im Jahr 2014 führte die Rally Dakar über den Salar und so halten wir mit unseren beiden BMW Dakar vor dem aus Salz gefertigten Emblem der Rally und machen ein paar Bilder. Einige bolivianische Besucher sind so begeistert von unseren Motorrädern, dass wir uns schon überlegen, ob wir Daffy und Daky nicht auch als Fotomodels gewinnbringend verleihen können. Jeder möchte mal draufklettern und ein Bild vor dem Dakar Monument mit Motorrad machen. Wir lachen über diese Begeisterung und freuen uns über das starke Interesse an unseren zwei „Supermodels“.

Das Dakar Monument auf dem Salar de Uyuni

Wir fahren einige Kilometer weiter auf dem Salz, halten für Fotos an und genießen die gleißende Nachmittagssonne auf dem Salar de Uyuni und diese unglaubliche Stille und Einsamkeit! Unvergessliche Momente!

Wir sind auf dem Salar!

nichts zu sehen außer Salz…

Auf dem Heimweg treffen wir Annemieke, eine nette Holländerin, die allein mit ihrem Motorrad durch Südamerika fährt. Sie schließt sich uns an und so reinigen wir bei Robin in der Werkstatt zu viert unsere Motoräder und lassen den unglaublichen Tag zu dritt bei einer leckeren Pizza ausklingen. Vor der Tür sehen wir einen geschmückten Weihnachtsbaum und fragen den wachhabenden Soldaten, ob wir ganz kurz nur für ein Bild auf das Militärgelände dürfen. Südamerikanisch gelassen, macht er uns das nette Erinnerungsfoto in Uyuni vor dem Weihnachtsbaum der Militärstation.

Als wir abends in unserem Hostel im Bett liegen, hören wir vor dem Einschlafen noch die lauten Signale eines vorbeifahrenden Zuges und die tausend Eindrücke des Tages schwirren durch unsere Köpfe. Den Nachmittag auf dem Salar de Uyuni werden wir bestimmt nie vergessen.

Silber, Salz und Sonne in Bolivien: Wir wünschen euch fröhliche und entspannte Weihnachten!

Vor dem Weihnachtsbaum auf Militärgelände
Frohe Weihnachten!

ride2seetheworld

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