Zu Besuch bei den Bribris
Zu Besuch bei den Bribris

Zu Besuch bei den Bribris

„Indigene Bevölkerung, Ureinwohner, Indios“

Diese Worte lassen bei vielen Touristen sofort Bilder vor dem geistigen Auge erscheinen: Ureinwohner sind barfuß laufende, mit Lendenschurz bekleidete Menschen, die am Abend am Feuer mit Trommelrythmen sich in Trance tanzen. Sie sprechen eine ungewöhnlich fremde Sprache, bauen Einbäume um die Flüsse zu queren und schlafen unter Dächern aus getrockneten Palmenblättern. Und vor allem: sie leben noch wie vor 500 Jahren. Was ist davon Realität?

Um uns selbst ein Bild zu machen, fahren wir am Freitag morgen von Puerto Viejo aus in das Reservat der Bribris in der Region Talamanca. Mit etwa 15.000 Menschen sind die Bribris einer der größten indigenen Volkststämme in Costa Rica.

Bereits die Fahrt dorthin ist abenteuerlich für uns. Eine Brücke auf dem komplett unbefestigten Weg, ist vor einiger Zeit zusammengebrochen – also heißt es mal wieder „rivercrossing“. Was die Einheimischen lässig mit ihren kleinen Mopeds meistern, ist für unsere schwerbepackte Daky eine ziemliche Herausforderung. Die Bachkatzen (so nennt Robert die großen Steine im Fluß – ist wohl hessisch?) sind sehr locker und zahlreich. Daky stolpert, Robert versucht sie zu retten – aber beide gehen baden. Leider an einer recht tiefen Stelle und das erste Mal auf der Reise zieht der Motor Wasser….

Robert (der beste Mechaniker auf der Welt) nimmt also mal eben am Wegesrand alles auseinander, entfernt die Zündkerze und leert überall das Wasser aus. So schaffen wir es noch bis in das kleine Örtchen Bambu, wo er in den nächsten Tagen mit Trockenlegen, Ölwechsel und Ölfiltertausch beschäftigt ist. Von „unserer“ Werkstatt in San Jose bekommen wir den Tipp, den Motor 3 Minuten lang anstatt mit Öl mit Diesel laufen zu lassen. Das klingt irgendwie sehr merkwürdig, aber die lokalen Mechaniker sind erfahren was Wasserschäden im Motor angeht. Und auch bei Daky hilft es!

Also kommen wir Freitag nachmittags im „Ditsöwö U“ an, wo wir selbstverständlich die Motorräder in das Gebäude reinfahren dürfen, damit Robert auch beim gerade einsetzenden Regen schrauben kann.

Das gesamte Gebäude ist ausschließlich aus Naturmaterialien gebaut, die mit Seilen verzurrt werden. Das Dach besteht aus Palmenblättern und Wände gibt es nur um die Badezimmer. Ansonsten ist alles offen – nach Außen und auch im Inneren. (und auch im übertragenen Sinne) Das Gebäude besteht aus mehreren Anbauten und hat verschiedenen Ebenen. Wunderschön, sehr groß und überall ist die Natur nah. Wir schlafen auf einer Matratze auf dem Fußboden unter einem Moskitonetz.

Hier wohnen wir 4 Tage bei den Bribris

Bei unserer Ankunft lernen wir Kim aus St. Peter Ording kennen. Sie hat hier vor ein paar Jahren ihre Masterarbeit über „nachhaltigen Tourismus“ geschrieben und ist vor kurzem zurückgekehrt, um jetzt mit der Familie von Danillo zu leben. In den nächsten Tagen werden wir sehr viele tolle, interessante Gespräche führen und lernen von ihr einiges über die Bribris.

Kim übersetzt uns auch die Erklärungen von Danny, der uns am nächsten Tag zusammen mit 3 anderen Gästen mitnimmt zu einer Tour zu dem Schamanen der Region.

In der kegelförmigen Naturbehausung des Schamanen spüren wir die starken Energien und lernen viel über den Glauben der Bribris. Für eine Reinigung bleiben die Bewohner jeweils mehrere Tage in dieser Hütte und werden mit der Unterstützung des Schamanen von den negativen Kräften gereinigt. Auch während unseres Besuches sitzt ein Mann in der Hütte und scheint auch durch uns nicht abgelenkt zu werden. Beeindruckend ist auch die Sammlung der Tierüberreste, die am Eingang in einem Korb lagert. Schildkrötenpanzer, Affenkopf, Schlangenhaut, unzählige Federn und noch so manches mehr zeigen dem Besucher die rituelle Stätte an.

Außerdem mahlen wir mit Hilfe von zwei riesigen Steinen Mais, wie er auch heute noch hier von den Frauen zerkleinert wird. Wir bekommen unser Essen im Bananenblatt serviert (unter anderem mit gegarten Farnspitzen) und trinken Kakao und etwas Chicha de maiz. (fermentiertes Maisbier, das geschmacklich irgendwie an Federweißer erinnert).  

Danke Kim was du uns alles beigebracht hast (hier die Farnspitzen zum Essen)
Die Wirkungsstätte des Schamanen
Mais wird zermahlen
Wir werden begrüßt von der Mutter von Danillo und essen in ihrem Haus
Der Frosch landet tatsächlich von allein auf der Kappe und springt dann weiter….
… und zwar auf mein Handy, welches gerade das Foto gemacht hat

Ja, aber wie sind sie nun eigentlich, die Bibris?

Wir erleben sie als Menschen, die in einer großen Gemeinschaft leben und das auch ganz spürbar genießen. Immer wieder kommen „Familienmitglieder“ bei uns vorbei, bleiben ein paar Stunden oder auch über Nacht. Jede Begegnung unterwegs wird uns mit „Cousin“ vorgestellt. Die Traditionen sind stark im Denken und Handeln verankert. So hören wir z.B. mit welchen Ritualen die Blätter für den Dachbau gesammelt werden, welche spirituelle Bedeutung der Kakao hat und einiges mehr. Aber natürlich leben sie nicht mehr wie vor 500 Jahren und in vielen Bereichen hat die Moderne Einzug gehalten.

Sie wandern nicht barfuß durch den Dschungel, sondern in Gummistiefeln, Fußballerstrümpfen, Shorts und T-Shirt (auch gern ein Fußballtrikot von Bayern München), sie tragen eine Machete bei sich und auch gern ein Fernglas.

Danny pflückt eine Kakaofrucht vom Baum und gibt uns das Fleisch zum Essen
Der Kakaobaum
Danillo treffen wir in der Stadt vor seinem Büro zum Abschied

Das „romantische“ Bild mancher Touristen findet sich aber auch teilweise wieder. So sind z.b. auch heute noch die Kanus echte Einbäume aus Balserholz gefertigt –  aber heutzutage haben sie halt auch einen Motor. Und so steht für mich irgendwie so ein Einbaum der Bribris für alles was wir hier kennenlernen dürfen. Traditionelles wird bewahrt – und Modernes hinzugefügt. Die gute Balance dafür zu finden, ist sicherlich nicht ganz leicht und gleichzeitig eine wichtige Aufgabe.

Wir wandern durch den Dschungel

Eine kleine nette Geschichte muss ich noch erzählen: Nach einer tollen Wanderung mit Kim und Chatta durch den Urwald sind wir in die Bar des Dorfes Bambu eingekehrt.

Die Menuekarte in der Bar lässt uns nicht lange überlegen was wir nehmen. Wir entscheiden uns für 4 Bier und setzen uns in den riesigen Raum, der förmlich nach einer Party schreit…. Doch wir sind allein. Nach etwa 10 Minuten kommt plötzlich noch ein weiterer Gast, der sich unter Einhaltung aller Corona – Schutzregeln (die Schutzfolie wird hochgehoben zur besseren Kommunikation) einen Schnaps bestellt. Der war doch garnicht auf der Karte!!! 😊

Vier Tage in Bambu verfliegen viel zu schnell. Wir verabschieden uns von allen herzlich und mit etwas Wehmut. Wieder haben wir einen ganz besonderen Ort mit ganz besonderen Menschen kennenlernen dürfen, die sofort einen Platz in unseren Herzen gefunden haben. DANKE – und alles Gute auf eurer mehrtägigen Wanderung zum Schamanen auf der ihr euch gerade befindet. Erst in zwei Wochen werdet ihr diesen Blog lesen können, wenn ihr wieder zurück seit zuhause und im Berech des Internets. Wir tragen Samen aus eurer Gegend bei uns (irgendwie auch im übertragenen Sinn)!

Das Armband mit besonderen roten Samen aus der Region

ride2seetheworld

4 Kommentare

  1. Oh Mann, ich bin so dermaßen neidisch…
    OK, im Ernst: ich genieße immer wieder die Berichte und Fotos eurer Reise. Das klingt alles so positiv, auch wenn mal Mist passiert. So viel Empathie und so viele tolle Begegnungen und Orte. Ich wünsche euch noch ganz viele solcher Momente und mir ganz viele Berichte zum Neidischwerden und Träumen.

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