Starke, mutige Frauen
Starke, mutige Frauen

Starke, mutige Frauen

Manchmal kommen wir in ein Paradies und möchten am liebsten allen unseren Freunden sagen: Wenn ihr euren nächsten Urlaub bucht, dann kommt hier her! Vielleicht ist es nicht ganz vergleichbar mit anderen Urlaubsresorts, aber wer mit kalter Dusche und gelegentlichen Stromausfällen zurechtkommt und auch einfache Bambus-Holzhütten genauso romantisch findet wie wir, ist hier genau richtig. Sinchi Warmi – eine kleine Lodge im Amazonasgebiet von Ecuador!

Sinchi Warmi Lodge
Blick vom Dach des Haupthauses auf die Anlage
Umgeben von beeindruckender Natur

Unsere Hütte für vier Tage

Sinchi Warmi ist der Name der Lodge, die von Kichwa Frauen gegründet wurde. Sinchi Warmi bedeutet: „Starke Frauen“! Die Lodge liegt am Rio Napo, einem Zufluß des Amazonas. Das Dorf Mishualli auf der anderen Seite des Flusses ist nur mit Booten zu erreichen. Der Rio Napo ist eine wichtige Wasserader in dieser Gegend und wir lernen ihn auch auf einer langen Bootstour kennen.

Die Kichwa sind eine indigene Volksgruppe, die hier im Amazonasbecken lebt. Neben ihrer eigenen Sprache, pflegen sie auch ihre Traditionen und leben sehr nah und mit der Natur. Ihr großes Wissen über Heilpflanzen, Herstellung und Zubereitung von Speisen und die wunderschöne Natur geben sie hier an die Besucher weiter. Die Lodge wurde als Frauenprojekt gegründet und zeigt auf sehr eindrückliche Weise ein verändertes Rollenverständnis. Eine Frau im „Business“ ist bei den Kichwa nicht selbstverständlich. Es sind eben „Starke Frauen“ die den Touristen hier etwas Besonderes bieten.

Wir bleiben vier Tage hier und buchen einige Ausflüge. Vier unglaublich spannende und lehrreiche Tage, die uns einen kleinen Einblick in die Lebensweisen, Traditionen und Ansichten dieser Menschen hier im Amazonasbecken geben. Unsere Spanischkenntisse werden bis auf das Äußerste gefordert und so lernen wir auch etwas über Traumdeutung morgens um 4 Uhr an der Feuerstelle, über die alten Traditionen der Jagd (heute werden hier keine Tiere mehr gejagt), über die Stellung der Frau bei den Kichwa und einiges mehr.

Dieses Wissen geben sie hier aber nicht nur an die Gäste der Lodge weiter, sondern es finden auch regelmäßige Treffen von einheimischen Kindern statt. Wir lernen den „Club de Aves“ kennen, wo den Kindern spielerisch Wissenswertes über die heimische Vogelwelt beigebracht wird. Toll! Den Kindern die Verbindung zu der Natur näherzubringen ist eine wichtige Aufgabe der Lodge.  

So wissen wir, dass mit unserem Geld wirklich die Gemeinde unterstützt wird und freuen uns umso mehr über unsere gebuchten Aktivitäten. Anders als sonst, haben wir uns entschieden ein paar geführte Touren/Aktivitäten zu machen. Was wir dabei so alles erleben:

Am Abend der Ankunft entführt unser Guide uns in den Dschungel für eine „Nachtwanderung“. Okay, es ist erst 18.30 Uhr, aber stockdunkel. Mit seiner starken Taschenlampe zeigt er uns viele verschiedene Tiere: Stabheuschrecken, Grashüpfer, Frösche, Schmetterlinge, Spinnen und wir hören die Eulen über unseren Köpfen. Ein Opossum huscht mit erstaunlich lauten Geräuschen an uns vorbei. Ich dachte es käme ein Elefant aus dem Unterholz so laut knacken die Äste. Am stärksten beeindrucken uns die unglaublich vielen verschiedenen Geräusche der Nacht. Ich bin ganz begeistert und auch irgendwie angespannt, aber kann den Spaziergang durch den dunklen Wald absolut genießen. Als wir dann aber eine große, also wirklich riesige, unglaublich monstergroße, behaarte Vogelspinne genau auf Augenhöhe neben dem Pfad sitzen sehen, ist es mit meiner Gemütsruhe kurzzeitig vorbei. Während der Guide und Robert interessiert näher ran gehen – hüpfe ich mal eben etwa 15 Meter weiter! Normalerweise kann ich Spinnen gut ansehen und fürchte mich auch nicht – aber bei dem Riesenvieh war meine Grenze erreicht. Als dann später Robert sagt: „Schade, wir haben gar kein Foto gemacht“ kann ich nur meine Augen verdrehen. Ich bin froh überlebt zu haben!!!!Die Rücktour ist wieder etwas beschaulicher und auch irgendwie sehr romantisch: in einem kleinen Ruderboot rudert unser Guide uns durch die Nacht zurück zur Lodge. Ein toller Auftakt!

Am nächsten Morgen setzen wir über den Rio Napo und besuchen einen Wasserfall von einem kleinen Fluß in der Nähe. Zur Zeit ist wenig Wasser im Flusslauf, aber das zeigt die irren Auswaschungen noch besser und zum Abkühlen im Becken vor dem Wasserfall reicht es allemal. Unterwegs lernen wir wieder so einiges – am meisten begeistert mich die Geschichten vom Baum „El Ceibo“ mit seinen riesigen Wurzeln. Der Baum war bereits für die Vorfahren ein sehr wichtiger Baum. In den „Kammern“ zwischen den Wurzeln wurden die Nachtlager aufgeschlagen und jeder war sich sicher, dass der gute Geist im Baum sie beschützt. Spannend finde ich, dass auch die Maya in Mexico und Guatemala diesen Baum als „heiligen Baum“ verehren.

Über den Rio Napo geht es zum Dorf
Die Fahne von Ecuador zeigt den Weg
Der Wasserlauf ist sehenswert – aber mit wenig Wasser
Unser Guide erzählt uns einiges über den Baum „El Ceibo“ und bastelt für uns Schmuck

    

Am Nachmittag gehen wir mit Nelly zu ihrem „chakra“. So bezeichnen die Kichwa ihre „Felder“ im Dschungel auf denen sie Landwirtschaft betreiben. Hier werden Bananen, Platanos, Yucca und Kakao und einiges mehr angebaut. Eine sehr wichtige Versorgungsquelle für alle Bewohner und Gäste. Wir ernten Yucca und Kakao und verarbeiten sie anschließend auch weiter. Allein das „Heimschleppen“ unserer Ernte ist schon anstrengend…. Aber zur Stärkung dürfen wir schon unterwegs das Fruchtfleisch aus der Kakaofrucht naschen. Herrlich süß und erfrischend gleichzeitig. Nelly erzählt uns von ihren 12 Kindern und wie sehr sie neben „Haushalt und Feldarbeit“ ihre Arbeit auf Sinchi Warmi liebt! Powerfrauen!

Um sicher durch den Wald gehen zu können, bekomme ich das Zeichen für starke Frauen aufgemalt
Der Baum wird Pene de diablo genannt (Penis des Teufels)
Yuccaernte unter strenger Aufsicht
Das Fruchtfleisch der Kakaofrucht ist super lecker
Hier kochen wir die Yucca

Aus den von uns ausgelutschten Kakaosamen stellen wir unter Sophias Anleitung Schokolade her. Und die Krönung des Nachmittages ist ein anschließendes Kakaofondue mit frischen Früchten in unserer selbstgemachten Schokolade! Und den Rest bekommen wir zur Entspannung ins Gesicht gepinselt und erholen uns von den Strapazen mit einer Schokomaske. Das Abendessen schmeckt köstlich und wir freuen uns über Yucca als Gemüse und einen Fisch in der traditionellen Zubereitungsart, dem Maito (im Blatt gegart).

vorne im Bild zwei Kakaofrüchte von uns geerntet – und dann rösten, mahlen und essen wir ihn

Entspannung mit Schokogesicht 🙂
Abendessen mit Maito

Auch unser nächster Tag ist angefüllt mit vielen Aktivitäten. Wir besuchen eine Tierauffangstation die eine Bootsstunde entfernt liegt. Die Bootsfahrt ist super schön (ich liebe Bootsfahrten) und auch herausfordernd für den Bootsführer. Seit einem Monat hat es nicht geregnet und der Niedrigstand benötigt einen zusätzlichen Mann an Bord, der mit Handzeichen das Navigieren durch die Stromschnellen unterstützt.

In der Tierauffangstation lernen wir die 19-jährige Lisa aus Deutschland kennen, die als Freiwillige hier mithilft und uns durch die Anlage mit den verschiedenen Gehegen führt. Hier leben vor allem Wildtiere, die als Haustiere oder für Touristenattraktionen gehalten wurden und bei denen jetzt versucht wird, sie wieder auszuwildern oder aber zumindest ihrem Nachwuchs das Leben in Freiheit zu ermöglichen. So gibt es hier einige Affen, Papageien, Tukane und einiges mehr. Manche Tiere, wie z.B. die 4 Meter lange Boa haben keinerlei Jagdtrieb und können deswegen nie mehr ausgewildert werden. Auch unser erstes Tapir dürfen wir bei seinem Bad beobachten. Die sind vielleicht schnell im Wasser!

Erstaunlich schneller Schwimmer – ein Tapir
Unsere wunderschöne Bootstour
Goldsucher am Ufer
Mit selbstgebauten „Goldsuchbooten“

Der Rückweg gegen die Strömung ist nicht gerade leichter, aber unsere beiden Bootsführer sehr erfahren. Wir haben Zeit die Natur zu bewundern, da es am Flussufer fast keine Besiedlung gibt. Außerdem sehen wir einige Goldsucher, die den ganzen Tag bis zur Hüfte im Wasser stehen und große Steine aus dem Flussbett rausholen, um darunter den Sand mithilfe einer Maschine zu waschen. Das sieht spannend aus, aber ich fotografiere lieber vorsichtig, da Goldsuche sicherlich nicht legal ist.

Am Nachmittag basteln wir uns unsere Armbänder selber. Komplett nur aus Naturmaterialien. Sophia zeigt uns, wie aus der Pflanze die Fasern gewonnen werden und wie diese Fasern mit natürlicher Farbe gefärbt werden. Irre wie strahlend die Farben werden. Die Samen hat sie bereits gesammelt und so dürfen wir uns unser eigenes Armband knüpfen. Auch wenn mich die pinken, roten und türkisen Fasern echt begeistert haben – meine Lieblingsfarbe ist Natur!

Die Fasern haben wir aus einem Blatt geholt und mit natürlicher Farbe aus Samen werden sie rot gefärbt
Das Armband rechts selbstgemacht in Sinchi Warmi und das links ist noch aus Laos!

Zum Abschluss läd uns Sophia noch in eine Art „Sauna“ ein. Ein kleiner Raum, in dem sie einen großen Topf mit Kräutern dampfen lässt. Mit Hilfe von großen Steinen, die nacheinander ins Wasser gelegt werden, dampft der Topf erstaunlich lange, auch ohne Feuer im Raum. Natürlich haben wir auch gelernt wie die Kräuter alle benannt werden (auf spanisch und in der Sprache der Kichwa) aber ich will euch ja nicht langweilen 😊.    Die Dampfsauna hat gut getan und so richtig schön gereinigt können wir dann auch noch in die Lagune springen und mit den 2,5 Meter großen Fischen dort schwimmen. Ich übertreibe nicht! Der Fisch heißt Paiche und ist der größte Süßwasserfisch der Welt. Er wird bis zu 3 Metern lang und bis zu 250 Kilo schwer. In der Lagune schwimmen immer 2 bis 3 von den Riesen rum. Und wir mittendrin….

Total glücklich über so spannende Erfahrungen und unglaublich viele wunderschöne Momente, schwingen wir uns nach unseren Tagen bei den „Starken Frauen“ wieder auf die Motorräder und erwischen auch noch eine traumhafte Straße nach Cuenca. Vom Amazonasbecken cruisen wir langsam aber sicher wieder in die Bergwelt der Anden. Bereichert geht die Reise weiter….

Bild aus Roberts Helmkamera – tolle Kurven und gute Straße
In den Bergen hängen die Wolken
Wunderschöne Landschaften und eine tolle Straße (seht ihr sie?)

ride2seetheworld

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