Sonntag morgen, 6 Uhr, der Wecker klingelt. Robert ist schon aufgestanden. Meine Nacht war anstrengend und deshalb fällt das Aufstehen schwer. Ich konnte mich während der ganzen Nacht nicht entscheiden: lieber unbewegte heiße Luft oder doch eher bewegte, warme Luft mit lautem Brummen vom Zimmerventilator? Unser Bett steht in einem Zimmer, welches eher an einen Bretterverschlag erinnert. Ein Bretterverschlag mit viel Moskitonetz und ohne irgendeine Isolation. Wir hatten 25 Grad Außentemperatur in der Nacht und wohl auch im Zimmer…. Ich recke mich und schon nach sehr kurzer Zeit ist die anstrengende Nacht vergessen – ich freue mich auf eine Bootstour in die Mangroven.
Wir sind verabredet mit Pablo. Er hat bereits sein kleines Boot für uns geputzt und nach einem schnellen Frühstück sitzen wir um kurz vor 7 Uhr im Boot. Zu meiner großen Freude lässt er nicht den Motor an, sondern rudert uns mit seinem Paddel ein Stück den großen Fluss landeinwärts. Die Luft ist frisch, die Sonne wirft ihre ersten Strahlen durch die hohen Bäume und wir lauschen den Geräuschen der Natur. Das brummende Geräusch wenn die Wellen des Meeres auf dem Land aufschlagen von Ferne und das unendlich lebhafte und abwechslungsreiche Zwitschern, Piepen, Krächzen, Rufen, Flöten, Gurren und Flattern der vielen Vögel hier. Wir sind in Costa Verde im Naturschutzgebiet Encrucijada an der Pazifikküste von Mexiko. Hier ganz im Süden nicht weit von der Grenze nach Guatemala, gibt es nicht viele Touristen und so erleben wir diesen wunderschönen Morgen im Boot mit Pablo allein.
Nach einigen Metern auf dem Fluss biegt er plötzlich nach links in die Mangroven ab. Ich sitze vorn im Boot und habe einen wunderbaren Blick, aber ehrlicherweise habe ich noch nicht mal den Wasserweg gesehen, den unser Guide ansteuert. So geht es für uns richtig hinein, tief in den Mangrovenwald. Das Wasser ist sehr flach und der Weg nicht immer offensichtlich. Aber Pablo findet immer eine Lücke zwischen den Luftwurzeln, um unser Boot leise hindurchzusteuern. Wir sind alle drei ganz still und Pablo versucht auch mit seinem Paddel so wenig Geräusche wie möglich zu machen. Doch natürlich bleiben wir nicht unentdeckt. Die Warnrufe der Vögel verkünden unsere Ankunft. Was wir hier in diesem Dickicht alles sehen und hören ist wirklich nicht mit Worten zu beschreiben. Nach jeder Biegung flattern 3 bis 4 große Vögel auf, die Kaimane springen ins Wasser und tauchen ab und auf allen Ebenen des Waldes sehen wir Tiere. Die gesamte Tour dauert drei Stunden und nicht eine Minute davon erscheint uns langweilig. Wir zeigen in alle Richtungen, halten an, um den Kingfischern beim Balzen zusehen zu können oder bleiben völlig fasziniert in sicherer Entfernung zu dem total unbeweglichen Speerreiher, um ihn bei seiner Vorbereitung zum Fischfang zu beobachten. Der bewegt sich minutenlang auf einem Bein stehend nicht und starrt dabei ins Wasser.
Ein einmaliges Erlebnis, dass uns wiedermal zeigt, wie wunderschön unsere Natur ist. Wir sind ergriffen, dankbar und angefüllt mit wunderschönen Bildern als wir auf das Motorrad steigen und weiterfahren in Richtung Norden. Auch während der Fahrt sind wir beide noch ganz still….
Lange in Erinnerung bleiben, wird uns auch bestimmt der Wasserfall und der Flusslauf von El Chiflon, den wir ein paar Tage vorher besuchten. Wir sind uns sicher: Wir haben das Wasser gefunden, in dem die Schlümpfe baden. Solche Farben haben wir wirklich noch nie gesehen! Blau, grün, türkis – das Wasser ist so wunderschön und so intensiv wie es hier den Berg hinabstürzt. Das kann nur damit zu tun haben, dass die Schlümpfe beim Baden abfärben! Wir wandern den Lauf des Flusses entlang und erfreuen uns an den Farben.
Ganz oben am Wasserfall sitzt ein Paar, sie schreibt versunken in ein Tagebuch und er macht Bilder. Wir sprechen sie an und erfahren, dass Flori und Christoph aus Deutschland kommen und gerade für 6 Monate als Schreinermeister in einem Projekt in der Dominikanischen Republik ihr Wissen weitergegeben haben. Direkt von der Meisterschule in Stuttgart in eine abgelegene Region auf einer Insel, um den Einheimischen zu helfen. Das finden wir toll! Wir verstehen uns sofort sehr gut und so nehmen wir die beiden hinten drauf und fahren zu einem netten Ausflugsrestaurant und schließlich zurück nach Comitán, wo wir nach einem gemeinsamen Bier am Parque Central uns wieder verabschieden. Schlumpfblaues Wasser, super nette Gespräche, etwas frierend aufgrund der Höhe und lecker Essen! Danke Flori und Christoph für einen weiteren schönen Tag mit netter Begegnung auf unserer Reise.
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