Vor einer Woche am Sonntag besteigen wir voller Erwartung die Fähre von Puntarenas nach Paquera. Das erste Mal nehmen wir eine Fähre als Fußgänger!
Bereits aus Deutschland hatten wir Kontakt zu Wilma, einer netten Holländerin, die mit ihrem einheimischen Mann Franco und ihrem Sohn in Paquera leben. Auf der Internetplattform „workaway“ suchten die beiden nach Helfern und wir haben uns bei Ihnen gemeldet. Da sie noch ein weiteres Paar zur Zeit als Unterstützung bei sich haben, konnten sie uns „nur“ ein Zelt zum übernachten anbieten. Natürlich haben wir sofort zugesagt. Als wir dort ankommen, finden wir wirklich einen sehr außergewöhnlichen Ort vor. Vom Dorf Paquera geht es etwa 2 km in den Dschungel rein. Unbefestigter Pfad über eine selbstgebaute Brücke bis zum Waldstück von Wilma und Franco. Die beiden schlafen in einem Überseecontainer und leben ansonsten draußen. Der Sohn wohnt in einem der vielen Busse, die auf dem Gelände stehen und für uns haben sie ein riesiges Partyzelt in den Dschungel gestell. Ein Bett aus einem Baumstamm hat Franco noch schnell zusammengebaut und ein paar Möbelstücke vervollständigen unsere wunderschöne „Villa Blanca“. Das Unglaublichste an diesem neuen Zuhause sind vor allem die Geräusche!! Da wir komplett von Dschungel umgeben sind, leben hier unendlich viele Tiere und machen zu (fast) jeder Tages- und Nachtzeit ihre typischen Geräusche.
Die Brüllaffen stimmen ein ohrenbetäubendes Konzert an und all die vielen Vögel piepen, zwitschern und kreischen um die Wette. Wisst ihr wie es klingt, wenn ein Eichhörnchen-ähnliches Nagetier direkt über einem eine Kokosnuß öffnet? Ein scharrendes, kratzendes Geräusch lässt auch von unten erahnen wie fleißig es mit seinen scharfen Zähnen und Krallen an der harten Nuß arbeitet.
Wilma warnt uns auch gleich: „Vorsicht, wenn ihr unter einer Kokospalme langlauft!“ Viele Tiere fressen dort und wirklich regelmäßig fallen die angenagten Kokosnüsse runter. Zum Glück finden wir auch manchmal noch ganze Früchte am Boden und genießen das Kokoswasser direkt. Eine Machete zum Öffnen haben wir immer griffbereit…
Ab Montag arbeiten wir dann jeweils so etwa 5-6 Stunden mit den anderen zusammen. Unsere Hauptaufgabe ist der Ausbau eines alten (amerikanischen) Schulbusses zu einer vermietbaren Unterkunft. Damit möchten die beiden in Zukunft ihr Geld verdienen. Ein Schulbus im Dschungel! Aber natürlich finden sich auch noch unendlich viele andere Arbeiten für uns (besonders für Robert). Am Auto funktionieren die Bremsen nicht, der Wasserhahn leckt, usw.usw.usw…
Wir sind uns sicher, hier können wir noch lange bleiben und die Arbeit wird uns nicht ausgehen.
Täglich üben wir unser spanisch, da Franco kein englisch spricht und wir uns immer mehr mit ihm verständigen.
Gestern wollte ich dann endlich den schon von einigen sehnlichst erwarteten Blog schreiben, aber ich hatte keine Zeit!
Wie jeden Morgen werden wir gegen 5 Uhr von den Brüllaffen über unserem Zelt geweckt. Der Blick aus dem Bett durch die immer geöffnete Seitenwand ist atemberaubend. Sonnenaufgang zwischen dem Blätterdach. Danach eine halbe Stunde spanischlernen mit duolingo (eine App zum Sprachenlernen auf dem Handy), dann eine Yogaeinheit direkt vor dem Zelt, ein Frühstück mit Reis, Bohnen und Eiern und dann starten wir zu unserer ersten Fahrradtour hier im Umfeld von Paquera. 5 km über geteerte Straßen bis zum Fähranleger (den Weg kannten wir ja schon von letzten Sonntag) und dann biegen wir nach rechts ab und folgen einem unbefestigtem Pfad für weitere 5 km. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr wir gefordert waren. Die Wege sind wirklich seeeehr unbefestigt und mit megasteilen Anstiegen, die Fahrräder waren noch nicht so ganz funktionstüchtig (eines hatte fast keine Bremse) und es war tropisch heiss… Puh! Als wir dann ziemlich kaputt in einem Restaurant unsere Leistung mit einem netten Essen belohnen, kommt plötzlich eine Nachricht von Wilma: Um 2 Uhr fahren wir mit ein paar Freunden mit den Kajaks raus zum angeln. Wollt ihr mit? Na klar! Was für eine Frage!
So fahren wir mit Franco und zwei seiner Freunde und mit den beiden anderen „Workawaylern“ wieder zurück zum Fährhafen, setzen unsere Kajaks auf das Meer und paddeln in den Nachmittag. Wir umrunden eine kleine Insel und können uns gar nicht sattsehen an den Flugküsten der Pelikane, die pfeilschnell ins Wasser eintauchen, um dort die leckeren Fische zu fangen. Wir dagegen fangen keine Fische! Unsere costaricanischen Freunde haben ganz landestypisch etwas vergessen: die Köder 😊
Und als es dann schlagartig um 18 Uhr dunkel wird, erleben wir auf dem Wasser eines dieser Naturwunder, die man sich gar nicht vorstellen kann, wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat: Die Bucht ist bekannt für ihr Biolumineszenz Wunder.
Das dunkle Wasser unter unseren Booten sieht zunächst aus wie immer. Aber sobald wir Bewegung ins Wasser bringen, erwacht es zum Leben. Man sticht mit dem Paddel ins Wasser und es sieht fast aus wie ein Funkenflug. Hell leuchtende, silbrige Teilchen wirbeln für einen kurzen Moment umeinander. Ich kann meine Hände garnicht mehr aus dem Wasser nehmen, so wunderschön sehen die leuchtenden Planktonteilchen aus, die alles erstrahlen lassen. Was für ein Erlebnis! Paddeln bei absoluter Dunkelheit auf dem Pazifik, jede Bewegung im Waser wird mit tausenden leuchtenden Teilchen belohnt und sogar die fliegenden Fische kann man sehen, da ihr Eintauchen ins Wasser sichtbar wird durch den Effekt der Biolumineszenz. Unglaublich beeindruckend. Als es dann noch anfängt zu regnen sehen wir sogar die Regentropfen ins Wasser eintauchen…. WOW!!
Wir überlegen ernsthaft ob wir hier auch leben könnten/möchten. So wie Wilma und Franco. Im Dschungel unter Verzicht von einigen Bequemlichkeiten wie z.B: Heiß duschen, eine richtige Toilette, einen wirklich trockenen Aufbewahrungsort, ein schnelles Internet, eine Infrastruktur, die einen Zahnarztbesuch zu keinem Tagesausflug werden lassen, Moskito- und Ameisen-freies Leben, TV, Wohnen in einem festen Haus und was man noch so alles kennt aus unserer komfortablen Heimat. All das gibt es hier nicht.
Sehr wertvoll erscheint uns jedoch vieles was wir hier finden: Aufzuwachen mit den Brüllaffen, tropisches Klima, einsamer Strand in Laufweite, üppige Natur mit unendlich vielen Tieren, einen grandiosen Sternenhimmel da keine Lichtverschmutzung, den nächsten Nachbarn in einem Kilometer Entfernung, Kokosnüsse, Limonen, Papaya und einiges mehr direkt vom Baum und die Freiheit eines riesigen Dschungelgrundstücks – Leben im Paradies! Pura Vida wie man in Costa Rica sagt.
Mal sehen wie lange wir bleiben….
ride2seetheworld
Das ist ja zum neidisch werden, tolle Bilder
Danke für die Blumen
… ein Genuss es zu lesen, liebe grüße Jens und Olivia