Seit 10 Tagen sind wir jetzt schon in Cartagena – und sind wirklich begeistert von dieser Stadt. Cartagena liegt direkt am karibischen Meer und einige Stadtteile sind Inseln (erreichbar über Brücken) mit der tolle Mischung aus alten, bunten Koloninalstilhäusern mit Holzbalkonen und den modernen Hochhäusern, die den Reichtum in der Stadt zeigen. Wir waren in den letzten Tagen ausschließlich in drei Stadtvierteln: Getsemani, das Viertel in dem unsere Schule liegt und in dem am Abend zwischen den bunten Häusern unter wehenden Flaggenbändern die Menschen auf den Straßen tanzen und feiern. Manga, ein reiches Viertel in dem wir unsere Unterkunft gefunden haben und im Zentrum mit den vielen Geschäften und Einkaufszentren und den historischen Gebäuden wie der eindrucksvollen Stadtmauer. Manche Besucher würden eventuell aus diesen drei Stadtvierteln ein Resumee über Kolumbien ziehen. Wir eher nicht, denn wir können uns nicht vorstellen, dass alles was wir hier sehen auch für das restliche Land zutrifft. Aber wir können schon mal über diesen speziellen Teil Kolumbiens berichten. Was fällt uns auf in dem touristischen Teil von Cartagena?
In der Innenstadt ist sehr viel weniger Müll zu sehen als in Mexiko. Es gibt viele Mitarbeiter der Stadt, die in grün, gelblichen Overalls irgendwo die Straße fegen, den Müll einsammeln und die vielen Mülleimer mit Mülltrennung leeren. Außerdem verdienen sich manche Obdachlose ein paar Pesos dazu und bringen den gesammelten Müll raus aus dieser Zone der Sauberkeit. Sie steigen dann mit drei bis vier Mülltüten bepackt in den öffentlichen Bus und fahren zu den Annahmestellen für Müll. Wir überlegen kurz, ob wir neben ihnen in dem Bus stehen wollen – aber das System funktioniert ganz offensichtlich gut. Aber auch große Müllautos fahren regelmäßig durch die Innenstadt und sammeln Hausmüll ein.
Im Stadtzentrum sehen wir keinen einzigen wilden Hund und machen uns Gedanken, auf welche Art die Stadtväter das wohl in den Griff bekommen haben. Bestimmt kein Vorgehen, das man den Touristen erzählen möchte…. Uns fällt es einfach auf.
Der Stadtverkehr wird von regelmäßigem Hupen begleitet und ist zu manchen Uhrzeiten sehr, sehr gestopft, aber für uns ist vor allem auffällig wie gut die Autos hier aussehen. Kein Vergleich zu den unendlich vielen „Schrottmühlen“ in Mexiko. Hier gibt es ganz offensichtlich auch so etwas wie technische Überprüfungen von Fahrzeugen. Robert sagt nicht mehr ganz so oft: „der deutsche TÜV würde NEIN sagen“ 😊 Wer hier Auto fährt hat Geld.
Ganz erstaunlich für uns – und irgendwie auch unfassbar – Motorräder sind im Zentrum verboten. (überall, auch auf den Straßen auf denen Autos fahren) Es gibt ein Dekret der Stadt, in dem festgelegt ist welche Ausnahmen es von dieser Regel gibt. Aber wir können auch beobachten, dass es an mehreren Tagen bei Polizeikontrollen ein rigoroses Vorgehen gibt. Wer verbotenerweise mit dem Moped in die Stadt fährt, dem wird das Moped sofort weggenommen und auf einem Laster abtransportiert. Und wir reden hier nicht von Motorradfahrern, die als Hobby durch die Stadt fahren. Wir beobachten Fahrer am Morgen, die ganz offensichtlich auf dem Weg zur Arbeit sind und das Motorrad von der Polizei konfisziert wird. So manchen Fahrer haben wir bereits mit Helm in der Hand, zu Fuß und mit geknicktem Gesichtsausdruck weggehen sehen. (Helme tragen sie hier alle und immer!)
In Manga, in unserem Stadtviertel, ist das Fahren von Mopeds zwar erlaubt, aber Beifahrer sind grundsätzlich nicht erlaubt. (in Zentralamerika fahren auch mal gerne 4 oder 5 Menschen auf einem Moped) Die Erklärung unserer Gastgeberin Isabel dazu ist, dass es in Kolumbien so viele Mordanschläge von Motorradfahrern mit Beifahrer gab und es deshalb verboten ist mit Sozio/Sozia zu fahren. So eine Begründung hatten wir doch schonmal gehört – das war der offizielle Grund, warum wir 2019 nicht mit den Motorrädern in den Iran einreisen durften. Aber wie machen das die nicht so wohlhabenden Familien, die sich zumindestens ein Moped leisten können – aber hier muss dann die Frau absteigen, was wir mehrfach beobachten konnten?!
Also ihr seht schon: Cartagena ist bunt, fröhlich, aufgeräumt, geputzt, von allen „Ärgernissen“ wie wilden Hunden und Motorradfahrern befreit und gibt so den Besuchern ein unglaublich tolles Bild von Kolumbien. Eine echte Leistung!
Gestern sind wir dann mal 2 Kilometer in die andere Richtung gelaufen und der Unterschied war krass. Extrem viel Müll, Obdachlose, die sich in den Mangrovenwäldchen inmitten von Müll mit Planen einen Unterschlupf gebaut haben, es ist laut, der Verkehr chaotisch, es stinkt, es ist unglaublich schmutzig und der ganze „Heile-Welt-Kolumbien-Eindruck“ ist sofort angekratzt. Wir befinden uns im Mercado Bazurito. Hier treffen wir uns mit Tayfun einem netten Deutschen, der auch unsere Spanischschule besucht und mit uns gemeinsam den Markt der Einheimischen erkunden möchte.
Als ich die Rezensionen in Google vorher las, machte ich mich über die Schreibenden noch etwas lustig – aber als wir vor Ort waren, konnte ich doch manchem zustimmen. Ja, es war bisher der wohl dreckigste, geruchsintensivste und chaotischste Markt, den wir auf der Welt besucht haben. Natürlich hat mich das alles auch fasziniert – aber tatsächlich ließen wir uns nicht überreden, dort zu essen. Die Gänge in denen das Essen angeboten wurde waren extrem dunkel, klein und schmal und aus Bretterbuden mit Plastikplanen. Überall wird auf offenem Feuer gekocht und die Abfälle werden einfach irgendwo hingekippt. Als wir dann 4 Straßen weiter in einer riesigen Einkaufsmall im Fastfoodbereich sitzen und essen, sagt Tayfun ganz nachdenklich: „Wie anders als in Deutschland…Hier in der Einkaufsmeile essen die Wohlhabenden zu Mittag.“ Eine große Pizza für 8 Euro ist wohl absolut unerschwinglich für alle, die auf dem Mercado Bazurito essen….
Wir warten noch den heftigen Regenguss und das Gewitter ab und gegen 17 Uhr schlendern wir wieder heim in unsere saubere Gegend und denken über die vielen Eindrücke nach und verarbeiten das Gesehene. Eigentlich wollten wir einen Uberfahrer bestellen, aber alle Uber und Taxis stecken offensichtlich im totalen „Hochwasser auf den Straßen“ fest. Einfach unglaublich- es regnet fast täglich heftig und jedes mal ist die gesamte Kanalisation überfordert und die Straßen verwandeln sich in tiefe, stinkende Bäche. Seht euch mal meinen kleinen Film an:
Und zum Abschluss heute habe ich noch eine absolut schöne Geschichte von einer Begegnung vor ein paar Tagen. Robert hatte sich vor einigen Monaten seinen neuen Sportschuh im Lagerfeuer angekokelt. (Soll ich erwähnen, dass er mit der Kunststoffkappe ein brennendes Holzstück zurück ins Feuer kicken wollte??) Auf jeden Fall ist diese Kunststoffkappe von dem Stoffschuh inzwischen so weit abgetrennt, dass wir bei einem Flickschuster anhalten, da wir ja leider noch kein Werkzeug und Kleber in Kolumbien haben. (Daffy und Daky schippern noch über die Meere dieser Welt) Der Schuster sitzt einfach mit seinem wenigen Flickwerkzeug auf der Straße unter einem Baum und wartet gelassen auf Menschen wie uns, die einen Schuh lieber reparieren lassen, als ihn wegzuwerfen. (das hat uns 1,25 Euro gekostet!) Während er also die Kappe klebt und das angeschmorte Gewebe näht, erzähle ich ihm, dass Robert auch mal Schuhmacher gelernt hat. Das freut ihn sehr. Und als ich ihm dann noch von unserem deutschen Sprichwort über die Schuster berichte, kann er sich vor Lachen nicht halten. Das Sprichwort existiert in Kolumbien genauso und er gibt mir absolut Recht: Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe / El zapatero tiene los peores zapatos – er lacht und zeigt auf seine alten, ausgetretenen Flipflops.
Manches ist überall auf der Welt gleich!
ride2seetheworld
Ich verfolge Eure Reise noch immer und beneide Euch auch immer noch. Mir gefällt, wie Ihr alle Situationen für Euch nutzt.
Vielen Dank Hansemann! Das Leben positiv zu leben ist unser Weg 🎈🌞