Wir fahren bei Tataouine durch die kargen Dahar-Berge. Die kleine Straße windet sich durch die eindrucksvollen ockerfarbenen Berge, die vor allem durch ihre ungewöhnliche Form beeindrucken. Die meisten sind absolut platte Tafelberge und jede Gesteinsschicht ist weithin sichtbar. Doch manche Hügel sind auch wie ein gleichmäßiger Kegel geformt. Die gleißende Sonne steht tief und so können wir gar nicht so genau erkennen, ob die Formen auf den Spitzen der Hügel menschengemacht sind oder einfach nur Felsformationen sind. Wir fahren auf Chenini zu und ahnen – das ist eine weitere Speicherburg der Berber auf einem Hügel. Aus Lehm, Naturstein und Ziegeln wurden hier Ghorfas (Kammern) errichtet oder Höhlen geschlagen. Sie passen sich der Silhouette des Berges an und sind so fast unsichtbar. Alle etwa 400 Ghorfas zusammen ergeben eine Burg (ein Ksar) auf verschiedenen Ebenen, die vor allem als Speicherort, aber auch als Rückzugsort im Angriffsfall genutzt wurde…. Die Berber waren kriegerisch!
In diesen Speicherburgen hatten seit mehr als 800 Jahren die halbnomadisch lebenden Bewohner von Südtunesien ihre Vorräte gespeichert. Hier wurden die Oliven gepresst, das Werkzeug gelagert und die Vorräte verstaut, wenn die Familien mit ihren Herden auf Wanderschaft gingen. Es gibt jeweils nur ein Eingangstor zur Speicherburg und dieses wurde immer bestens bewacht.
Erst seit kurzer Zeit werden die Speicherburgen nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck benutzt, so sind sie heute leider dem Verfall preisgegeben. Als Besucher können wir dies alles abenteuerlich und kostenfrei ansehen – für uns stehen die Tore aus Palmenholz weit offen. Wir finden tatsächlich noch Amphoren mit ranzigem Olivenöl in einer Kammer. Manche Einheimische haben inzwischen hier kleine Souvenirshops aufgebaut und erklären uns gern die Funktion der menschenbetriebenen Ölmühlen oder die dekorativen Verzierungen an den Decken, die mit den Symbolen der Familie gleichzeitig eine Art „Türschild“ waren. So etwa: hier ist ein Speicher der Familie Müller, hier sind Mühlsteine an die Decke gemalt. (so oder so ähnlich😊) Ganz in der Nähe der verlassenen Speicher leben die Berberfamilien und so können wir von oben auch so manche tolle Einblicke in die einfachen Hütten der Einheimischen haben.
Die Speicherburgen begeistern uns sehr und so besichtigen wir einige – Ksar Mrabtine wird uns als unsere erste Burg in Erinnerung bleiben und der riesige Berberfriedhof am Hang fasziniert uns auch.
Ksar Ouled Soltane ist die bekannteste Speicherburg – die Filmfans werden es sicherlich gleich wiedererkennen? Hier verbrachte Anakin Skywalker in der 1. Episode von Starwars seine Kindheit. Jetzt sitzen am Morgen die Männer des Dorfes vor den ehemaligen Filmkulissen und spielen Domino. Mir gefällt das ja viel besser.
Ksar Beni Barka wurde leider für mich eine Speicherburg mit einer etwas getrübten Erinnerung: Bei einem völlig harmlosen Seitenschritt knickte ich um und es machte laut „Knacks“. Mal sehen wie ich in den nächsten Tagen damit laufen kann. Knöchel ist ordentlich dick und es tut ziemlich weh.
Wir verbringen wirklich viele Stunden in den Gebäuden der verschiedenen Ksar, klettern die steilen Treppen hoch, erforschen alles und genießen es mal wieder sehr, keinem engen Zeitplan folgen zu müssen, wie wir es bei einigen anderen Besuchern erleben. Auch wenn die Speicherburgen hier rund um Tataouine alle zu dem gleichen Zweck gebaut wurden, so ist doch jede anders und wir erleben sie intensiv!
Und zwischendurch fahren wir mal ganz kurz in die Wüste. Unsere italienischen Freunde schreiben uns: „Wir fahren morgen nach Ksar Ghilane, kommt ihr auch?“ Also machen wir uns auf den Weg und erleben die berühmteste Oase Tunesiens für ein paar Tage. Langsam verändert sich die Landschaft. Alles ist flach und wir können kilometerweit sehen. So erspähen wir auch ganz aufgeregt unsere erste Herde mit Dromedaren und lassen unsere Kameras glühen. Es fühlt sich aber einfach auch ganz unbeschreiblich gut an, diesen gemächlichen Tieren ganz nahe zu kommen. Sie laufen hier ohne Hirten durch die Landschaft und knuspern an den wenigen grünen Stengeln.
An der Oase stellen wir uns absichtlich etwas weiter entfernt mit dem Kondor auf. Wir ziehen den Blick auf die Sanddünen der Musikbespaßung, dem Knattern der Quadmotoren und dem Touristentrubel vor. Nie hätten wir gedacht, wie viele Tunesier am Sonntag den Weg durch die Sahara hierher finden. Robert schwelgt in Erinnerungen an seinen letzten Besuch in 2008. Da war die heiße Quelle von Ksar Ghilane noch nicht von Hotels, gut ausgestatteten Campingplätzen und etwa 15 Quadverleihern umgeben. Die Zeiten ändern sich….
Von unseren italienischen Freunden werden wir zu einer Quadtour überredet. Ganz wohl fühle ich mich ehrlich gesagt auf den Dingern nicht – und ich bin mir sicher, die haben einfach zwei Räder zu viel. Eine Nacht auf dem Campingplatz gönnen wir uns auch. Für stattliche 10 Euro können wir mal wieder ausgiebig duschen und bekommen vom netten Platzeigentümer auch noch am Abend ein Sandbrot gebacken. Dazu braucht man nur: Glühend heißen Wüstensand, Mehl, Salz und Wasser!
Das mit dem Sandbrot müssen wir natürlich zwei Tage später gleich mal selbst probieren. Aber ehrlicherweise fehlen uns da wohl noch ein paar Jahre Beduinenerfahrung. Und wo testen wir unsere Sandbrotfähigkeiten? Wir treffen in der Nähe von Camp Zmela auf Marta und Gabriele. Sie stehen mit ihrem Truck in der Nähe einer Piste und wir gehen hin. Eigentlich wollen wir nur „Hallo“ sagen und erwischen sie in einem schwierigen Moment. Sie sind gerade beide etwas gefrustet, da ihr Truck ein technisches Problem hat. Und was machen wir? Wir holen unseren Kondor inklusive seiner großen Werkzeugkiste vom 800 Meter entfernten Camp und nach wenigen Minuten liegen Gabriele und Robert gemeinsam im Wüstensand und schauen sich die gebrochene Aufhängung der Fahrerkabine an. Wir Mädels quatschen inzwischen über das Reisen, die „Wohnungslosigkeit“, das Leben und einiges mehr. Und nach einem leckeren italienischen Mittag und einigen Stunden Reparatur strahlen alle Gesichter wieder! Der Truck ist repariert, der Abend kann beginnen. Drei Lagerfeuer entflammen unsere beiden „Mechaniker“ in ihrer übermütigen Freude. Wir werfen Kartoffeln, Eier und Zwiebeln in die eine Glut, das Sandbrot in die andere und in der Mitte gibt es für unsere Wärme ein hohes Feuer. Beduinen machen so etwas mit einem Feuer – aber das Essen ist das Gleiche! Ein wunderschöner Sternenhimmel und die unglaubliche Ruhe in der Wüste machen den Abend perfekt!
So lernen wir in Tunesien neben diesen faszinierenden Landschaften, auch wirklich einiges über die Kultur der Menschen hier kennen. Und immer wieder fragen wir uns: „wie kann man unter so schwierigen Bedingungen überleben?“ Die Berber in den kargen Bergen genauso, wie die umherziehenden Beduinen in der Sahara. Überlebenskünstler mit einer langen Tradition!
ride2seetheworld
Hallo Barbara hoffe deinem Fuß geht es wieder gut. Weiterhin eine gute Reise und bleibt gesund. Lg Sandra.
Lieben Dank! Wir haben uns heute erstmal mit Hilfsmitteln eingedeckt. Das war einfach und günstig hier. Und ich hoffe nach ein paar Tagen wieder springen zu können.
Gute Besserung!