Bosnien-Herzegowina – Ein Land mit vielen Seiten
Bosnien-Herzegowina – Ein Land mit vielen Seiten

Bosnien-Herzegowina – Ein Land mit vielen Seiten

Eine Woche sind wir jetzt in Bosnien-Herzegowina. Und es ist auf jeden Fall eine Woche über die ich schon wieder sehr viele Seiten schreiben könnte. Dieses Land zeigt uns von Anfang an wie vielfältig es ist. Und das in vielerlei Hinsicht: Die Menschen hier sind entweder Serben, Bosnier oder Kroaten. Etwa die Hälfte der Bevölkerung sind muslimisch, die Christen gehören entweder der serbisch-orthodoxen oder römisch-katholischen Kirche an. So sehen wir auch in fast jeder Ortschaft eine Moschee und eine Kirche in direkter Nachbarschaft. Auf den Ortsschilder lesen wir die (teilweise für uns recht schwierigen) Namen jeweils in zwei Schriften. Sie werden in Latein und Kyrillisch geschrieben. Obwohl dieses Land nur etwas mehr als 3 Millionen Einwohner hat – ist es sehr bunt.

Direkt nachdem wir am Samstag über die Grenze fahren, fällt uns auf, wie viele Häuser recht neu, sehr groß und extrem geputzt und aufgeräumt aussehen – aber es gibt auch viele verfallene, leerstehende durch Einschusslöcher durchsiebte Ruinen. An den Straßen liegt leider wie in so vielen Ländern der Welt gerne der gesamte Müll der Dörfer. Super sauber und gepflegt – und vermüllt und verrottend! Die vielfältigen Seiten von Bosnien-Herzegowina.

Der dominierende Eindruck von diesem Land ist jedoch diese wunderbare Natur. Wir sind bisher fast nur Straßen gefahren, die einem Flusslauf folgen und überall gibt es Wasserfälle und Seen. Die geringe Besiedlung des Landes und die wenigen Verbote, geben uns immer wieder die Möglichkeit an traumhafte Stellen zu fahren oder auch einsame Radtouren entlang von Wasser zu machen. Auch unsere ersten richtigen Offroaderlebnisse mit dem Kondor erleben wir in unsere erste Woche hier.

Den Fluss Vrbas fahren wir auf der M 16 entlang! Traumstraße!

Was waren bisher unsere Stationen? Wir starten in Banja Luka, stehen direkt an einem Fluss kostenfrei und radeln durch die Stadt. Seit langer Zeit mal wieder ein Markt wie wir ihn lieben. Obstverkäufer, Pilzverkäufer, Metzger, Fischhändler und unzählige Klamottenstände mit „original“ Adidas, Nike, Boss, Gucci und co. Besonders beliebt sind Jogginganzüge, die vermutlich niemals joggen gehen werden….

Natürlich schauen wir uns auch die touristischen Highlights an, wenn man das in einer so wenig touristischen Stadt überhaupt so nennen kann. In der Moschee haben wir gleich die erste sehr nette Begegnung mit einem Gläubigen, die sich aufgrund der Sprachbarriere auf Gesten und Mimik beschränkt. Aber gerade solche Begegnungen erreichen sofort unser Herz.

Die Ferhadija Moschee in Banja Luka
Die Festung in der Stadt direkt an der Vrbas
Die Christ-Erlöser-Kathedrale eine serbisch-orthodoxe Kathedrale

Ach und weil ich gerade über die Sprache schreibe: Es ist unglaublich, wie viele Menschen hier auf Deutsch antworten. Fast alle haben irgendwann mal in Deutschland oder Österreich gearbeitet oder haben Verwandte dort. Und wie wir von zwei jungen Motorradfahrern mit denen wir einen Abend zusammen verbringen, erfahren: Sie heißen hier tatsächlich „Gastarbeiter“ (das deutsche Wort!) Unser neuer Freund Marko aus Banja Luka sagt: „Die Gastarbeiter, die in Deutschland oder Österreich arbeiten, sind hier nicht beliebt. Sie fahren dicke Autos mit deutschen Kennzeichen, sie verstopfen die Straßen im Sommer und verursachen Unfälle.“ Und ich denke mir so: Was für ein Schicksal: Nicht gewollt in Deutschland und auch nicht mehr beliebt in ihrem Heimatland….

Nach einer Radltour durch die Stadt Banja Luka haben wir uns mal wieder eine Wäsche verdient und so fahren wir am Fluss Vrbas entlang bis zu den warmen Quellen vor den Toren der Stadt. Eine kleine aber tolle Anlage mit Umkleiden und Sitzgelegenheiten und verschiedenen Becken. Wir genießen das badewannenwarme Wasser und schauen auf den Fluss! Und das alles kostenfrei. So kann man einen Tag perfekt ausklingen lassen.

Warme Quellen nur 5 km vom Zentrum entfernt

Von Banja Luka aus fahren wir Richtung Süden und schlafen eine Nacht neben einer Kirche auf einem Hügel. Am nächsten Morgen besuchen wir ein kleines Museumsdorf und dürfen als die einzigen Besucher am Montagmorgen die verschiedenen historischen Häuser aus Bosnien ansehen. Der Eintritt kostet umgerechnet 1,50 Euro pro Person und wir gönnen uns auch noch einen selbstgemachten Kuchen und einen Kaffee in der Sonne. Auch hier spricht wieder eine der Mitarbeiterinnen deutsch und freut sich sehr über unseren Besuch.

Außer der Kirche gibt es hier nur Wald und uns
Die Schule im Museumsdorf Ljubacke

Wir fahren weiter und bleiben in Jajce und Umgebung. Auf einem Campingplatz treffen wir tatsächlich andere Reisende. Ganze 4 Camper stehen auf dem großen Platz an der Stadt und 3 davon sind deutsche Paare auf Langzeitreise. In der Nähe von Jajce folgen wir einer Empfehlung und stellen den Kondor am Restaurant von Darko ob. Das Essen ist lecker, das Bier schmeckt hervorragend, Darko spricht (welch Überraschung) fließend Deutsch und wir bleiben gleich mal zwei Nächte. Mit dem Fahrrad erkunden wir die Seenplatte und eine historische Sehenswürdigkeit. Die Wassermühlen am Pilva See begeistern uns nicht nur weil sie aus dem Mittelalter stammen, sondern weil dieser Ort mit seinen Wasserläufen und der unglaublichen Ruhe eine ganz besondere Ausstrahlung hat. Wie wir von Darko erfahren, stehen im Sommer die Reisebusse hier in Doppelreihen an! Und wir sind mal wieder fast allein dort. Reisen im Oktober ist einfach genial.

Blick auf Jajce
Die historischen Wassermühlen
Wir erkunden die Gegend mit dem Radl
Den Abend verbringen wir mit Motorradfahrern, die unterschiedlicher nicht sein können: 2 sind aus Slowenien mit BMW 1250 GS Adventure und 2 sind aus Banja Luka mit billigen 125 ccm Chinamotorrädern zu Darko gekommen.

In einer Dokumentation hatten wir beeindruckende Bilder von den Wildpferden bei Livno gesehen. Hier leben auf einer ca. 150 km² großen, unbewohnten Hochebene etwa 800 – 900 Wildpferde. In riesigen Herden ziehen sie über diese mit Gras bedeckte Fläche und leben ihr Leben in der Freiheit. Die ersten dieser Pferde wurden in den 70er Jahren von den Bauern der Gegend freigelassen, als diese ihre Dienste als Arbeitstiere nicht mehr benötigten. So sind die Pferde Menschen gewohnt und ich kann mit ganz langsamen Schritten mich einer Herde von etwa 50 Tieren nähern. Der Leithengst beobachtet sehr aufmerksam die Gegend, aber stuft mich ganz offensichtlich als gefahrlos ein. Die Fohlen mit ihrem dichten Fell spielen und laufen der Mutter hinterher und ein Rappe möchte mich gerne näher kennenlernen und kommt auf mich zu. Am nächsten Tag wird unser Kondor sogar von etwa 100 Pferden umringt. Sie beäugen das Fahrzeug, aber grasen in alle Ruhe in seiner Nähe.  Ein unbeschreibliches Erlebnis.

Die Wildpferde von Livno
Die Zufahrt zur Hochebene war nicht immer ganz einfach

Hatte ich erwähnt, dass die Anfahrt auf diese Hochebene das bisher herausforderndste für unseren Kondor und für seinen Fahrer war?  Erwartungsgemäß hatte unsere Trittstufe das erste Mal Bodenkontakt (eine absolute Fehlkonstruktion dieses Teil) und Robert hat ein Grinsen auf dem Gesicht, was wirklich fast im Kreis rumgeht. Wir sind wieder im Reisemodus angekommen! Natur, Ruhe, Tiere, Herausforderungen, Erfolge, Fremdes und Begegnungen!

ride2seetheworld

Ein Kommentar

  1. Ute

    Hallo Ihr Zwei,

    Wieder so bildlich und schön dokumentiert. Ich liebs.
    Tolle Fotos, die das Reisefieber hochschnellen lassen. 😄😎
    Alles Gute und schöne für Euch und Kondor…ich hoffe, die Stufe hats überlebt. 🙋‍♀️

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