Wir erreichen den Flughafen von Cancún und stellen uns – ganz selbstbewusst – bei den Einreisekontrollen in die kurze Schlange der Einheimischen. Was für ein Gefühl! Keine 15 Minuten später sind wir durch. Im Stempel im Pass steht zum ersten Mal kein Ablaufdatum, sondern ein stolzes „RT“ für Residencia Temporal. Unsere Aufenthaltsgenehmigung! Wir fühlen uns sofort ein bisschen wie echte Mexikaner.
Am Gepäckband läuft es wie im Film: Unsere Koffer kommen als erste. Mexiko, du machst es uns von Anfang an leicht, dich zu lieben!
Dann die Schiebetür. Sie öffnet sich automatisch, und – der Hitzeschlag trifft uns knallhart. Es ist kurz nach 19 Uhr, die feuchte Yucatán-Luft nimmt uns kurz den Atem, unsere Brillen beschlagen und Schweiß rinnt den Rücken runter. Zum Glück taucht ein freundlicher Mitarbeiter der Mietwagengesellschaft auf und führt uns „Blinde“ zielsicher zum Shuttle.
Im Mietwagen angekommen, drehen wir die Klimaanlage auf die höchste Stufe. Noch genießen wir diesen Luxus – das wird sich bald ändern. Unsere erste Nacht in Puerto Morelos ist entsprechend tropisch: heiß, klebrig, unruhig. Wer denkt im kalten Deutschland daran, ein Zimmer mit Klimaanlage zu buchen? Genau – ich nicht. Nach einer kurzen, verschwitzten Nacht und einem Jetlag, der uns um 5 Uhr aus den Betten wirft, zieht es uns ans Meer. Das Meer! Sonnenaufgang über dem Karibikstrand, T-Shirt, Shorts, nackte Füße im Sand – so kann der Tag beginnen.





Nach einem kurzen Stopp im Supermarkt geht’s Richtung El Cuyo. Das kleine Fischerdorf am Golf von Mexiko kennen wir schon von 2021 – damals waren wir viermal dort, und auch diesmal wollen wir schnell wieder hin.
Diesmal mit Klimaanlage, zum Glück. Unser Hotel liegt direkt am Strand – traumhaft, wenn man nicht gerade mittags in der Sonne zerfließt. Also Strandspaziergänge nur morgens und abends. Selbst das Meer ist so warm, dass Baden keine Abkühlung bringt. Unser Aktivitätslevel? Auf Sparflamme.
Wir freuen uns riesig, Dani und Roland wiederzusehen. Sie leben hier und erzählen uns, was sich verändert hat – leider nicht nur zum Guten. Vier Jahre sind auch an diesem verschlafenen Paradies nicht spurlos vorbeigegangen.






Nach drei Tagen verabschieden wir uns von der Riviera und fliegen nach Tuxtla Gutiérrez, 1500 Kilometer südwestlich – in den wunderschönen Bundesstaat Chiapas. Von dort bringt uns eine rasante Shuttlefahrt (gefühlt mit Formel-1-Ambitionen) nach San Cristóbal de las Casas. Auf 2200 Metern Höhe ist das Klima sofort angenehmer: tagsüber 20 Grad, nachmittags kurze Regenschauer – das erklärt die saftig grünen Hügel ringsum.
Hier ändert sich manches für uns: Wir wohnen bei einer Familie, die wir über „Workaway“ gefunden haben. Unterkunft und Essen gegen Mithilfe – so die Vereinbarung. Doch bei Reyna und Daniel bekommen wir weit mehr: Gastfreundschaft, Herzlichkeit und jede Menge mexikanische Kultur pur.
Ihr Haus liegt am Rand des Zentrums, und im Garten steht ein kleines Hütte für die Freiwilligen. Der Garten ist ein Traum: hohe Bäume mit Orchideen in den Ästen, Limonen, Avocados, Kolibris überall.





Jeden Tag nehmen uns Reyna und Daniel mit in ihr San Christóbal – Einkaufen auf dem Markt, gemeinsames Kochen typischer Gerichte: Tacos, Tortillas, Quesadillas, Pollo Asado, Kürbisblüten – und ja, wir haben auch leckere Raupen gegessen. Dazu hausgemachte Limonada – herrlich!







Daniel ist Biologe und kennt wirklich jedes Blatt beim Vornamen. Bei einem Ausflug in die Berge zeigt er uns unzählige Pilze, Pflanzen und Tiere – auch das Picknick mit den typischen Tamales darf nicht fehlen am Sonntag vormittag.






Unser Wochenhighlight war die Tour mit Daniel und unserer schwedischen Mitbewohnerin Signe: Am Vormittag besuchen wir zwei indigene Gemeinden in der Nähe, am Nachmittag steht eine Schokoladenverkostung bei einem Freund auf dem Programm.
In Chamula erleben wir eine Kirche, die Glauben anders praktiziert als wir es kennen: katholische Heilige, Kiefernnadeln statt Bänken und tausende Kerzen überall – selbst auf dem Boden. Neben mir findet eine Heilungszeremonie statt. Eine Schamanin streicht mit Zweigen über eine Frau, murmelt unverständliche Worte in Tzotzil, dann kommen Eier – und schließlich ein lebendes Huhn. Sie schwenkt es um die Patientin, um negative Energien zu vertreiben. Die Tötung des Huhns danach erfolgt schnell und ohne viel Aufhebens – denn in dieser Kultur ist es normal einem Huhn in einer Kirche den Hals umzudrehen. Die Szene ist intensiv, fremd – und faszinierend. Fotos sind hier verboten, also bleibt nur das Kopfkino.

In der Nachbargemeinde Zinacantán besuchen wir Freunde von Reyna und Daniel. Im Hof sitzen die Frauen der Familie, weben, sticken, wickeln Wolle – konzentriert, friedlich. 12 Tzotzilfrauen fertigen hier täglich bunte Schals, Taschen, Tischläufer und Blusen. Ein wunderschöner Schal in knalligen Mexikofarben landet in meinem Rucksack (er ist quasi selbst hineingehüpft). Drei Tage hat die junge Frau am Webstuhl dafür gebraucht erzählt sie mir auf meine Nachfrage– ein echtes Herzenssouvenir.






Zum süßen Abschluss des Tages gibt es eine Schokoladenprobe bei Eduardo. Wir lernen alles über Kakao und dürfen 14 Sorten handgemachte Schokoladen probieren. Mmmhhh!

Ach ja – und dann gab es ja noch am Samstag einen Besuch beim hiesigen Motorradhändler. Aber davon erzähle ich euch einfach im nächsten Blog. 😉

ride2seetheworld

Danke für die interessanten Einblicke in Eure neue Welt! Irgendwie ganz anders, als man sich México so landläufig vorstellt. Und doch erinnert mich vieles sehr an Bolivien und Peru seinerzeit…
Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Ich wünsch Euch was…😎👍
Sehr schön, ihr taucht ja gleich richtig in die landestypischen Gepflogenheiten ein! Wenn das so weitergeht, erkennt euch Deutschland nur noch an der Schuhgröße 😉
Vielleicht verändert die sich auch durch das Essen von Raupen?