Barbara
Hervorgehoben

Montenegro – eine Woche der Begegnungen

Wir kommen aus der Einsamkeit der bosnischen Bergwelt und sind erstmal erschlagen von der dicht besiedelten Küste in der Bucht von Kotor – unser erster Stopp in Montenegro. Von der Straße aus sieht das spontan alles nicht sehr schön aus. Wir suchen einen Campingplatz, da wir mal wieder eine Dusche benötigen und finden einen kleinen Platz direkt am Meer. Okay – der Blick auf die untergehende Sonne über dem Wasser ist halt doch wunderschön! Wir nutzen den nahen Hotelstrand mit den Sonnenliegen für unser Ankommensbierchen. In der Nachsaison wird da nicht mehr kontrolliert wer die teuren Hotelzimmer bezahlt hat und somit ein Anrecht auf eine Liege hat – es ist eh alles sehr leer. Auf dem Rückweg zum Kondor sehen wir eine sehr sympathisch aussehende Frau vor ihrem Camper sitzen. Wir kommen schnell ins Gespräch und laden sie mal gleich zu einem gemeinsamen Abendessen im Kondor ein. Wir stellen sofort fest: wir sind auf einer Wellenlänge. Kerstin hat Zeit zum Reisen, eine gute Portion Neugier und Abenteuerlust und möchte im nächsten Jahr die Küsten Europas erkunden.

Am nächsten Morgen schwingen wir uns auf unsere Fahrräder und radeln entlang der Promenade. Da sieht die Gegend doch gleich viel schöner aus, als gestern noch beim Ankommen. Und plötzlich erstrahlen unsere Augen, die Glocken im Himmel schlagen im Duett, die Sonne erstrahlt nochmal mehr und wir können den Anblick gar nicht glauben – so schön ist er!!!!!! Direkt neben der Promenade schrauben zwei Männer an einer BMW F 650 Dakar! Eine Schwester von Daffy und Daky hier an der Adriaküste von Montenegro. Und der Klopper kommt noch: das Schätzchen hat ein Frankfurter Nummernschild. Der Eigentümer ist Laki, der hier geboren ist und ein Haus hier besitzt, der aber auch in Frankfurt Sossenheim lebt. Er möchte noch diese Woche mit der Dakar nach Frankfurt fahren, aber beide Männer haben nicht viel Ahnung von der Technik des Motorrads. Robert kann sein Glück gar nicht fassen!!!!

Wir radeln am Meer von Montenegro
Die Promenade ist perfekt dafür

Naja, ihr ahnt wie es weitergeht? Kerstin und ich radeln allein weiter und Robert macht inzwischen das Motorrad von Laki reisefertig. Zum Dank werden wir auf eine Bootsfahrt eingeladen und Laki zeigt uns seine Heimat und seine großer Liebe zu Montenegro. Wir essen zusammen zu Mittag, gehen im Meer schwimmen tuckern entlang der Küste im Boot und lassen diesen wunderschönen Tag an einer Strandbar ausklingen. Eigentlich wollten wir am Morgen nur mal zum Einkaufen radeln…. Das ist Reisen!

Ein unglaublicher Fund!! Eine Schwester von Daky und Daffy
Auf dieses Boot läd uns Laki ein

Für den nächsten Tag haben wir einen ganztägigen Ausflug mit einem Touriboot gebucht. Wir sitzen ganz vorne am Bug, genießen die wunderschöne Sonne und die Landschaft, den Wein und die leckeren Snacks und lassen uns jeweils in Kotor, Perast und auf der Insel der Lady of Skrpjela absetzen. Das sind drei „Must-See Orte“ die wir jetzt auch gesehen haben. Irgendwie hab ich die Bootsfahrt mehr genossen als die Besichtigungen. Schöne Orte, aber eben sehr touristisch….Aber gleichzeitig sagen wir x-mal am Tag: „Wie muss das hier erst zur Hauptsaison aussehen!!!“

Bootstour am nächsten Tag nach Kotor
Im Sommer ist die Insel total überlaufen
Die Altstadt von Kotor
Blick auf Perast vom alten Kirchturm
Perast vom Boot aus

Und weil wir uns so prima mit Kerstin verstehen, beschließen wir zusammen weiterzureisen. Wir fahren also mit unseren zwei Campern auf die nächste Fähre, über die Bucht, hinauf zum Berg Lovcen. Innerhalb von kurzer Zeit schlängeln wir uns auf abenteuerlich schmalen Straßen vom Meer hinauf auf 1750 Meter. Die letzten Meter auch noch zu Fuß! Unglaubliche Ausblicke in alle Richtungen. Wir können hinüberblicken bis zum Skardrsko Jezero, dem Grenzsee zu Albanien und auf der anderen Seite zurück über die Bucht von Kotor zum Meer. Wunderschön! Gemeinsam suchen wir uns einen schönen Platz mit Ausblick und kochen und essen lecker. Vor uns im Tal rauchen die Häuser – wir blicken auf Njegusi, wo wirklich jede Familie Schinken räuchert. Natürlich haben auch wir an einem kleinen Haus welchen gekauft.

und schon wieder auf einem Boot… Dieses mal mit dem Kondor
Blick auf die Bucht von Kotor mit 2 Kreuzfahrschiffen
In der Bergen von Montenegro
Warten auf das Abendessen bei Sonnenuntergang
Schinken aus Njegusi

Unser Ziel für den nächsten Tag ist das Kloster Ostrog. In den Fels gebaut, thront es hoch über einem weiten Tal und ist eine sehr wichtige Pilgerstätte für die serbisch-orthodoxen Gläubigen. Im Kloster darf nicht fotografiert werden und so werden uns die Mosaiken, Ikonen und der intensive Duft nach Weihrauch in unserer Erinnerung bleiben. Die besondere Bauweise in einer Höhle macht den Ort wirklich zu etwas sehr besonderem.

Kloster von Ostrog

Vom Berg Lovcen aus hatten wir bereits am Vortag den Skadar-See bestaunt. Mit 550 km² ist er das größte Süßgewässer auf dem Balkan. Über 250 verschiedene Vogelsorten sollen hier leben und wie wir erleben dürfen, auch sehr viele Fische. Wir suchen uns eine Stelle zum Übernachten aus, die in der Saison wohl eine Anlegestelle für Touribootsfahrten ist. Jetzt wird sie nur von manchen Einheimischen genutzt, die entweder vom Ufer aus ihre Angeln ins Wasser werfen oder aber mit kleinen Booten rausfahren. So haben wir viel zu beobachten und fühlen uns hier sehr wohl. Plötzlich sehen wir auf einem einfachen Pontonschiff einen LKW auf „unsere“ Anlegestelle zugleiten. Drei Mönche springen vom Boot und entladen den LKW über ein ziemlich wacklige Konstruktion. Robert steht sofort auf und hilft beim Boot vertäuen. Und ich muss natürlich gleich Fragenstellen 😊…. „Wo kommen Sie her? Warum war der LKW auf dem Boot? Was hatte er geladen?“ Bereitwillig antworten mir die drei auf gutem Englisch: Sie sind serbisch-orthodoxe Mönche und leben in einem Kloster, welches nur mit dem Boot zu erreichen ist und renovieren gerade ihre Kirche. Der LKW hatte Baumaterialien gebracht und jetzt sind sie für heute fertig mit der Arbeit. Wie spannend!!! Ich frage nach einem Foto mit ihnen und auch noch so manches mehr.

In der Dämmerung kommt der LKW an den Anleger
Ich frage nach einem Foto

Offensichtlich gefällt den Mönchen unser Interesse und sie laden uns für den nächsten Tag ein, sie in ihrem Kloster zu besuchen. Pünktlich um 12 Uhr am nächsten Morgen holt uns ein Bruder wie vereinbart mit einem kleinen Boot ab. Wir erklimmen den steilen Berg unterhalb des Klosters und ich frage mich noch, warum diese Klöster immer so weit oben gebaut wurden. Als wir ankommen habe ich sofort die Antwort: Der Ort ist unbeschreiblich schön. Wir blicken über den See, sehen mehrere Lagen von Bergen, die wie unechte Kulissen im Gegenlicht erscheinen und hören nichts außer ein paar Vogelstimmen! Wir bewundern die kleine Kirche, die Räumlichkeiten der Brüder und die Ikonen, die zurzeit wegen der Renovierung im Speisezimmer liegen.  Wir sitzen einige Stunden im Halbschatten zusammen und die Mönche beantworten uns bereitwillig und freudig alle Fragen. Wir sind eingeladen zu selbst gepflücktem Tee, Honig von eigenen Bienen und Kuchen. (einen kleinen Schnaps trinken wir aus Höflichkeit auch mit :-)) Eine Begegnung, die mir ganz sicher noch sehr lange im Herzen bleiben wird. Menschen, die so im Reinen mit sich sind ,eine solch positive und lebensbejahende Ausstrahlung und Einstellung haben, begeistern mich einfach sehr – egal mit welcher Religion. Im Kondor reist jetzt noch eine handgemachte Gebetsschnur der serbisch-orthodoxen Kirche mit. Sie hängt direkt neben der islamischen Hand Fatimas, die ich in Kolumbien als Geschenk von einer Marokkanerin bekommen habe. Die Begegnungen mit besonderen Menschen machen das Leben lebenswert!

Der Ausblick vom Kloster
Wir bewundern die kleine Kirche
Danke für diesen besonderen Tag!

ride2seetheworld